Libyen: Erdoğan und Putin mahnen Waffenruhe an - Heiko Maas plädiert für „Berliner Prozess“
Der Konflikt im Bürgerkriegsland Libyen verschärft sich weiter. Die Türkei will bereits eigene Soldaten entsandt haben. Bundesaußenminister Heiko Maas plädiert für Gespräche in Berlin.
- In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gadaffi 2011 Bürgerkrieg.
- Alle diplomatischen Initiativen haben bisher wenig gebracht.
- Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) plädiert für einen „Berliner Prozess“.
Update vom 14. Januar 2020, 14.23 Uhr: Nach den zunächst erfolglosen Verhandlungen über einen dauerhaften Waffenstillstand im Bürgerkriegsland Libyen drängt Russland zu weiteren Vermittlungsgesprächen. „Alle sollten an einem Strang ziehen und alle libyschen Parteien dazu ermuntern“, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Sri Lanka.
Kurz zuvor waren die in Moskau geführten Unterredungen mit den Konfliktparteien ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Der abtrünnige General Chalifa Haftar reiste aus der russischen Hauptstadt ab, ohne die Vereinbarung über eine Waffenruhe zu unterschreiben, wie das Außenministerium bestätigte. Laut Verteidigungsministerium in Moskau hat Haftar sich eine weitere Bedenkzeit genommen, um das Dokument zwei Tage lang mit seinen Verbündeten zu diskutieren. Der Ministerpräsident der international anerkannten Regierung, Fajis al-Sarradsch, reiste zu Konsultationen in die Türkei.
Russland und die Türkei wollen Lawrow zufolge ihre Bemühungen fortsetzen. Auch Deutschland, Frankreich und Italien sowie die Nachbarländer, die in dem Konflikt vermitteln wollten, müssten eine gemeinsame Linie finden. Doch dann schaltet sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ein.
Update vom 12. Januar 2020: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan haben am Telefon über die Situation im nordafrikanischen Bürgerkriegsland Libyen gesprochen. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am späten Sonntagabend. Nähere Informationen zum Inhalt des Gesprächs gab es zunächst nicht. In Libyen war in der Nacht auf Sonntag eine von der Türkei und Russland vorgeschlagene Waffenruhe in Kraft getreten.
Update vom 11. Januar: Wegen der jüngsten Eskalation im Nahen Osten treten die zahlreichen Probleme im deutsch-russischen Verhältnis vorübergehend in den Hintergrund. Mit einer internationalen Konferenz in Berlin wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der russische Präsident Wladimir Putin eine Friedenslösung für das Bürgerkriegsland Libyen erreichen. Russland werde diese deutsche Initiative unterstützen, sagte der Kremlchef am Samstag bei einem Treffen mit Merkel im Kreml in Moskau. „Einige Sachen bedürfen noch der Vorarbeit, aber es wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung.“ Dies müsse jedoch mit der libyschen Seite genau abgestimmt sein.
Libyen: Erdoğan und Putin mahnen Waffenruhe an - Heiko Maas plädiert für „Berliner Prozess“
Ursprungsmeldung vom 8. Januar: Brüssel - Inmitten schwerer Spannungen im Nahen Osten und in Nordafrika hat Bundesaußenminister Heiko Maas ein baldiges Gipfeltreffen in Berlin zur Libyenkrise in Aussicht gestellt. Libyens international anerkannter Regierungschef Fajis al-Sarradsch habe bei Gesprächen am Mittwoch in Brüssel seine Unterstützung für den „Berliner Prozess“ erklärt - insbesondere für einen Waffenstillstand, ein Waffenembargo sowie einen politischen Prozess im Land unter Führung der Vereinten Nationen. „Das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir demnächst entscheiden können, ob wir in wenigen Wochen in Berlin auch einen Gipfel zu Libyen ausrichten werden“, sagte der SPD-Politiker.
Die Bundesregierung bemüht sich im Berliner Prozess seit Monaten um eine politische Lösung für Libyen. Eine Libyen-Konferenz mit internationalen Konfliktparteien war eigentlich schon für Ende 2019 angedacht und dann auf Januar geschoben worden.
In Libyen Land herrscht seit dem vom Westen unterstützten Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gadaffi 2011 Bürgerkrieg. Die Türkei und Katar unterstützen die Regierung von Al-Sarradsch*, die mit dem General Chalifa Haftar um die Macht kämpft. Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen aufseiten Haftars. Die Türkei hat nach eigenen Angaben erste Soldaten nach Libyen entsandt.
Die Lage in Libyen sei insbesondere um die Hauptstadt Tripolis schwieriger geworden, sagte Maas. Man wolle verhindern, dass Libyen „zum Schauplatz eines Stellvertreterkrieges“ werde. „Libyen darf auch kein zweites Syrien werden“, warnte Maas. „Deshalb brauchen wir jetzt schnell den Einstieg in einen politischen Prozess und die Verabredung eines effektiven Waffenstillstandes und eines Waffenembargos, das seinen Namen auch verdient.“
Libyen: Erdoğan entsendet Truppen in das Bürgerkriegsland - Heiko Maas (SPD) will eine politische Lösung
Auch die Außenminister Ägyptens, Frankreichs, Italiens, Griechenlands und Zyperns drängen auf einen politischen Prozess für das Bürgerkriegsland Libyen. Die Minister der Mittelmeerländer kamen am Mittwoch auf Einladung von Ägyptens Außenminister Samih Schukri in Kairo zusammen. Ägypten unterstützt in dem Konflikt den mächtigen General Chalifa Haftar, der im Land gegen Truppen der Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch um Tripolis kämpft.
Die Kämpfe in Libyen müssten beendet werden, sagte Schukri. Die im November geschlossenen Abkommen zwischen der Türkei und der Sarradsch-Regierung würden gegen UN-Resolutionen verstoßen. Das Abkommen über die militärische Zusammenarbeit beider Seiten hatte für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Weg frei gemacht, Truppen nach Libyen zu entsenden. Ankaras Verhalten sei ein „Schlag gegen internationale Bemühungen“ in dem Konflikt, sagte Schukri.
Auch Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian kritisierte die Abkommen. Die türkisch-libysche Vereinbarung über Seegrenzen im Mittelmeer betreffe auch Griechenland und Zypern und sei ein Bruch internationalen Rechts. Italiens Außenminister Luigi Di Maio erklärte auf Twitter, dass Italien gegen „jegliche Formen ausländischer Einmischung“ in dem Konflikt sei.
Bürgerkrieg in Libyen: Die internationalen Fronten verhärten sich
Erdogan hatte Sonntagnacht mitgeteilt, dass die Türkei erste Soldaten nach Libyen entsandt habe. Am Mittwoch hieß es in einem Bericht der Zeitung „Hürriyet“, dass bisher 35 türkische Militärs dort angekommen seien. Die Türkei unterstützt die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis, die mit dem General Chalifa Haftar und einer Gegenregierung im Osten Libyens um die Macht kämpft. Russland steht wie mehrere arabische Staaten aufseiten Haftars. Griechenlands Außenminister Nikos Dendias sagte, die Abkommen zwischen der Türkei und der Sarradsch-Regierung seien „null und nichtig“. Darüber habe bei dem Ministertreffen in Kairo Einigkeit geherrscht.
Libyen: Erdogan und Putin mahnen Waffenstillstand an
Währendessen haben sich auch die Türkei und Russland auf eine Waffenruhe in Libyen geeinigt und dazu aufgerufen. Die Erdogan und Wladimir Putin riefen dazu auf, dass sie ab „12. Januar um Mitternacht, also in der Nacht von Samstag auf Sonntag“ in Kraft treten solle. Das sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einer Pressekonferenz mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow am Mittwoch in Istanbul.
In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gadaffi 2011 Bürgerkrieg. Die Türkei unterstützt dort die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch, die mit dem General Chalifa Haftar und dem Parlament um die Macht kämpft. Russland steht aufseiten Haftars, der unter anderem von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird.
In Libyen tobt seit 2001 Bürgerkrieg. Erdogan und Putin sind bei einem Vermittlungsversuch gescheitert. Jetzt schaltet sich die Kanzlerin ein. *fr.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Redaktionsnetzwerks