Corona-Übertragung bereits vor ersten Symptomen möglich? Forscher liefern ernüchternde Erkenntnisse

Ob ein Infizierter das Coronavirus auch übertragen kann, bevor er erste Symptome zeigt, war bisher unklar. Deutsche Wissenschaftler haben es nun herausgefunden.
- Für die Eindämmung der Corona-Pandemie spielt es eine große Rolle, ob Menschen auch ansteckend sind, bevor sie Symptome zeigen.
- Deutsche Forscher haben diese Frage nun durch eine Studie beantwortet. Die Erkenntnisse sind ernüchternd.
- Hier finden Sie die grundlegenden Fakten zum Coronavirus* und die Corona-News aus Deutschland. Außerdem bieten wir Ihnen in einer Karte die aktuellen Fallzahlen in Deutschland*. Derzeit gibt es die folgenden Empfehlungen zu Corona-Schutzmaßnahmen*.
München/Berlin - Sind mit Corona infizierte Menschen bereits ansteckend, obwohl sie noch keine Symptome zeigen? Diese Frage ist für die Eindämmung der Pandemie von großer Bedeutung. Denn ist eine Übertragung des Coronavirus* auf andere Personen schon möglich, bevor man Symptome zeigt, könnte das die Eindämmung der Pandemie erheblich erschweren. Nun hat sich eine deutsche Studie mit dieser Frage beschäftigt.
Coronavirus-Übertragung bereits vor ersten Symptomen möglich
Wissenschaftler haben vier Monate nach den ersten Corona-Fällen in Deutschland die Ansteckungsketten der ersten Patientengruppe detailliert analysiert. Das Resultat: Die Studie bestätigt, dass Infizierte bereits vor den ersten Symptomen ansteckend sein können. Forscher vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, vom Robert-Koch-Institut (RKI) und von der Berliner Charité untersuchten im Rahmen der Studie die deutschlandweit ersten Corona-Fälle, die in Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto standen. Nun wurde die Studie in der Fachzeitschrift The Lancet Infectious Diseases veröffentlicht.
Die Autoren berichteten, dass in mindestens einem der insgesamt 16 analysierten Fälle ein Infizierter das Virus weitergegeben habe, bevor er Symptome hatte. Möglicherweise traf dies sogar auf fünf weitere Fälle zu. Außerdem steckte in mindestens vier Fällen ein Infizierter andere Menschen an jenem Tag an, an dem die Symptome* gerade begannen. In diesen Zeitraum könnten auch fünf weitere Fälle fallen, schreiben die Forscher.
Coronavirus-Eindämmung ist möglicherweise schwer zu erreichen
Was das Team aus den Erkenntnissen der Studie schlussfolgerte: Für Gesundheitsmaßnahmen bedeute es eine riesige Herausforderung, dass die Infektiosität noch vor Symptombeginn oder kurz danach erheblich sei. Außerdem sei die Inkubationszeit* oft sehr kurz gewesen. Durchschnittlich betrug sie vier Tage. „Eine globale Eindämmung von Covid-19 könnte schwer zu erreichen sein“, lautet das ernüchternde Fazit der Wissenschaftler.
Auch Jan Rybniker und Gerd Fätkenheuer von der Uniklinik Köln unterstreichen dies in einem Kommentar in der Fachzeitschrift: „Das passt zu anderen Resultaten, die die Häufigkeit präsymptomatischer Übertragungen auf bis zur Hälfte aller Infektionen schätzen. Das ist eines der gravierendsten Hindernisse für eine Kontrolle der Pandemie“, heißt es in dem Beitrag. Die beiden Forscher betonen zudem, dass im Falle einer größeren Ausbreitung die traditionelle Verfolgung von Kontakten nicht mehr ausreiche. „Daher werden neue Technologien wie Kontaktverfolgungs-Apps dringend benötigt, um die Pandemie effektiv zu kontrollieren“, sagen die Kölner Experten.
Übrigens: Nähere Informationen zur geplanten Anti-Corona-App der Bundesregierung erhalten Sie im nachfolgenden Video.
Ob das Coronavirus auch durch Berührung von Oberflächen übertragen wird, ist unklar
Etwas weniger negative Nachrichten vermeldete unterdessen die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Laut ihrer Angaben ist noch nicht bekannt, ob Menschen sich beim Berühren von Klinken, Haltegriffen oder Computertastaturen mit Sars-CoV-2 anstecken können. Dennoch seien Desinfektionen* empfehlenswert, betont eine am Samstag in Genf veröffentlichte Hygiene-Empfehlung der WHO. Darin wird eine Studie erwähnt, der zufolge das Virus auf der Außenseite einer medizinischen Gesichtsmaske bis zu sieben Tage überleben kann.
Jedoch seien sämtliche Studien über die Lebensfähigkeit des Coronavirus mit Vorsicht zu genießen. Sie seien in Laboren durchgeführt worden und ließen damit keine Rückschlüsse auf die echte Lebenswelt zu, so die WHO. Zwar habe bislang keine Studie Ansteckungen* mit dem Coronavirus durch die Berührung von Oberflächen nachgewiesen, trotzdem sei dies nach Erfahrungen mit anderen Coronaviren nicht auszuschließen.
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