Handelsgespräche schädigen, waren sich beide Politiker einig. Mit seinem harten Brexit-Kurs habe Regierungschef Johnson das Land in eine peinliche Lage gebracht, befand dessen Parteikollege Major.
Erheblicher Widerstand regt sich unterdessen auch im Parlament, wo laut Medienberichten rund 30 konservative Abgeordnete das Gesetz ablehnen wollen. Da Johnson aber über eine Mehrheit von 80 Stimmen im britischen Unterhaus verfügt, kann er das Binnenmarktgesetz womöglich trotzdem durchbringen.
Update vom 7. September, 15.57 Uhr: Nach einem Bericht der Financial Times, Großbritanniens Premierminister Boris Johnson plane diverse Gesetzesänderungen, um die vertraglich fixierten Brexit-Vereinbarungen mit der Europäischen Union zu umgehen, hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Wort gemeldet.
Auf Twitter schrieb die CDU-Politikerin einen Tag vor Beginn der nächsten Verhandlungsrunde zwischen EU und Ex-Mitglied Großbritannien in London: „Ich vertraue der britischen Regierung, dass sie die Austrittsvereinbarungen durchführt, eine Verpflichtung nach internationalem Recht und Voraussetzung für jegliche künftige Partnerschaft.“
Erstmeldung vom 7. September, 13.58 Uhr: London/Brüssel - Der Brexit* ist längst beschlossen, doch die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien* über die Beziehungen nach dem Austritt* des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union sind noch nicht zu einem zum Abschluss gekommen. Das soll nach Ansicht des britischen Premierministers Boris Johnson* aber bis Mitte Oktober passieren.
Es stehe nun „die letzte Phase“ der Gespräche an, wird Johnson in einem Statement zitiert, dass sein Büro bereits am Sonntag in Auszügen veröffentlichte. Vor dem EU-Gipfel am 15. und 16. Oktober will der britische Regierungschef mit den „europäischen Freunden“ eine Übereinkunft erreichen, um diese bis Jahresende umsetzen zu können.
Johnson drohte der EU im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen mit harten Konsequenzen. Sollte es bis Mitte Oktober keine Einigung geben, „sehe ich nicht, dass es ein Freihandelsabkommen zwischen uns geben wird“, bekräftigte Johnson. Auch die EU hatte zuvor ihr Interesse signalisiert, sich bis Mitte Oktober zu einigen, da entsprechende Vereinbarungen noch übersetzt und vom EU-Parlament ratifiziert werden müssten.
Unterdessen mahnte die EU Johnson, er müsse bereits verhandelte Abkommen einhalten. „Alles, was unterschrieben wurde, muss respektiert werden“, betonte EU-Verhandlungsführer Michel Barnier gegenüber dem Radiosender France Inter in Paris. Zuvor hatte ein Bericht der Financial Times für Wirbel gesorgt. Demnach plant Johnson in den Brexit-Verhandlungen, zwei Kernvereinbarungen mit der EU zu Nordirland mit einem neuen Gesetz auszuhebeln.
Konkret geht es einerseits um Staatshilfen für Unternehmen in Nordirland. Diese würden laut Austrittsabkommen auch künftig unter EU-Regeln fallen, allerdings möchte Johnson offenbar die Informations-Pflicht der britischen Regierung gegenüber Brüssel aufweichen.
Des Weiteren will Großbritanniens Premier möglicherweise Auflagen für nordirische Unternehmen beim Transport von Waren in das Vereinigte Königreich ändern. Eigentlich war vereinbart worden, dass die Unternehmen solche Warensendungen als Exporte deklarieren müssen.
Ab Dienstag geht die Brexit-Verhandlung zwischen der EU und Großbritannien in London in die nächste Runde. Nach der letzten Zusammenkunft im August mussten sich beide Parteien ohne Ergebnisse vertagen. Barnier und EU-Vertreter hatten damals vor einem Scheitern gewarnt - von Großbritannien gab es Vorwürfe, die EU würde die Gespräche „unnötig“ erschweren.
Am 31. Januar 2020 war Großbritannien offiziell aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende gilt für das Land eine Übergangsphase. In dieser wollen beide Seiten ihre künftigen Beziehungen regeln, vor allem soll ein Handelsabkommen vereinbart werden.
Johnson zeigte sich trotz der schwierigen Verhandlungen selbstbewusst und kündigte an, dass seine Regierung auch auf ein Scheitern „vorbereitet“ sein werde. Auch dann wäre ein „gutes Ergebnis“ für Großbritannien möglich, äußerte sich der Premier. Unter anderem rechnet die britische Regierung von Boris Johnson allerdings nach der Brexit-Übergangsphase mit massivem Chaos an der Grenze. (kh) *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes