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Gasumlage nicht bezahlen: Verbraucher könnten von Schlupfloch profitieren

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Von: Julian Kaiser

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Um die Gasimporteure zu retten, sollen Kunden ab Oktober die Gasumlage zahlen. Bisher ist aber längst nicht alles zur umstrittenen Maßnahme geklärt.

NRW – Ab dem 1. Oktober 2022 müssen gewerbliche und private Gaskunden für eineinhalb Jahre 2,4 Cent Umlage pro Kilowattstunde extra zu dem etwa 34,1 Cent (Stand: 28. August) hohen Neukunden-Preis pro Kilowattstunde zahlen*. Doch wie RUHR24 berichtet, belastet die umstrittene Gasumlage vor allem weniger begüterte Gaskunden in den ohnehin schwierigen Zeiten von Inflation und allgemein höherer Energiepreise.

Maßnahme:Gasumlage
Beginn:Oktober 2022
Höhe:2,419 Cent pro kWh

Gasumlage: Verbraucher sollen ab Oktober Energiekonzerne mit extra Umlage stützen

Elf Konzerne profitieren laut dem Handelsblatt von der ab Oktober in Krafttretenden höchstumstrittenen Gasumlage (auch: „Gaspreisumlage“ oder „Gasbeschaffungsumlage“). Dadurch sollen Gasimporteure die Mehrkosten für teures Gas wegen Lieferausfällen aus Russland erstattet bekommen. Durch Milliardenbeträge sollen Energiekonzerne wie Uniper oder EnBW auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher gerettet werden – auch wenn die meisten Unternehmen auf der Liste der Profiteure der Umlage mehr Gewinn machen als vorher (mehr Service auf RUHR24).

Dass sie ab Oktober großen Umsatzgewinn machen werden, ist eher unwahrscheinlich, schließlich müssen sie selbst 10 Prozent der Mehrkosten schultern. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, rufen Aktivisten angesichts der Milliardengewinne, welche die fünf größten Energiekonzerne im zweiten Quartal 2022 gemacht haben, bereits zum Protest gegen die Gasumlage auf und prophezeien einen „Wutwinter“.

Gasumlage: Fast die Hälfte der Haushalte heizt mit Gas – Ärmere Verbraucher in der Krise

Laut dem Bundeswirtschaftsministerium nutzen in Deutschland circa 48,2 Prozent der 40,6 Millionen Wohnungen Erdgas als Energieträger. Das entspricht in etwa 19,6 Millionen Haushalten. Auf sie kommen mit Gasumlage nun zusätzliche Kosten hinzu, dank derer laut der FAZ rund 34 Milliarden Euro zusammenkommen sollen.

Dadurch, dass Russland nur noch rund 20 Prozent der ursprünglichen Gas-Menge liefert, muss es woanders beschafft werden. Die Gasumlage ist also dazu da, die Gasimporteure zu stützen, indem der Gesetzgeber einen Ausgleichsanspruch für die teurere Ersatzbeschaffung gewährt.

Gasumlage: Auf deutsche Verbraucher kommen erhebliche Mehrbelastungen zu – trotz Senkung der Mehrwertsteuer

Zwar kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz an, die Mehrwertsteuer sowohl für Gas als auch für die Gasumlage von 19 auf 7 Prozent zu reduzieren. Dennoch wird die zusätzliche Umlage vor allem ärmere Verbraucher treffen, die kein Geld zurücklegen können. Nicht umsonst geht die Bundesregierung wegen der Energiekrise von einer „erheblichen Mehrbelastung“ für deutsche Verbraucher aus.

Deshalb sollen Bürger, darunter insbesondere Rentner, Studenten und Menschen mit geringem Einkommen, entlastet werden. Das soll durch Steueranpassungen sowie beim Bürger- und Wohngeld gelingen. Das Land NRW hat hier beispielsweise auf einen bundesweiten Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger gedrängt. Wer die höhere Gasrechnung nicht bezahlen kann, soll auch nicht einfach auf die Straße gesetzt werden können.

Gasumlage kommt zusätzlich zu möglichen regulären Preiserhöhungen

Wie die Verbraucherzentrale NRW erklärt, könne jeder Gasversorger die Preise weiterhin „normal“ erhöhen, die Umlage käme jeweils noch obendrauf. So kann es Gaskunden passieren, dass sie sowohl die Erhöhung als auch die neue Umlage zahlen müssen.

Fakt ist: Von der Gasumlage wird knapp die Hälfte der Verbraucher in Deutschland betroffen sein, an den höheren Kosten führt kein Weg vorbei. Wie die Verbraucherzentrale NRW vorrechnet, werde eine Beispiel-Familie mit einem Verbrauch von 20.000 kWh im Jahr zusätzlich „eine jährliche Umlage von 520 Euro brutto bezahlen“.

Sofern Kunden die Gasumlage nicht bezahlen, würden alle Unternehmen, die Gas liefern, ohne andere Lösungen schnell pleitegehen. Weil Gas dann unwirtschaftlich werden würde, wäre wohl kein Unternehmen bereit, einzuspringen. Verbraucher müssten ohne Gas im Winter frieren, die Industrie könnte nicht mehr produzieren.

Fuer die Gasumlage sollen Verbraucher 2,4 Cent je Kilowattstunde zahlen.
Die Gasumlage ab Oktober könnt vor allem ärmere Verbraucher hart treffen. © Sven Simon/Imago

Gasumlage: Kunden mit Festpreisgarantie könnten vor zusätzlichen Kosten geschützt sein

Mindestens sechs Wochen vor der Erhöhung müssen Verbraucher, die eine Grundversorgung erhalten, per Brief über die Preiserhöhungen informiert werden. Wer ein Sondervertragsverhältnis hat, muss vom Versorgungsunternehmen spätestens einen Monat die entsprechende Information erhalten. Vermieterinnen und Vermieter müssen ihre Mieter erst mit der nächsten Heizkostenabrechnung in Kenntnis setzen.

Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich auch die Regel. Denn es ist bisher vor allem juristisch unklar, „ob Verträge mit Preisgarantie oder Festpreisgarantie vor der Gasumlage schützen“, berichtet die Verbraucherzentrale NRW. Das Bundeswirtschaftsministerium prüfe diese Frage derzeit noch, heißt es bei der Verbraucherzentrale NRW. Es ist also möglich, dass der Gasumlagen-Kelch an Kunden mit derartigen Verträgen vorbeigehen könnte.

Gasumlage: Einige Energiekonzerne verzichten wegen Milliardengewinnen auf Inanspruchnahme

Es gibt auch weitere Nachrichten, die einigen Gaskunden Hoffnung machen können. Denn nicht alle Energiekonzerne wollen die Gasumlage in Anspruch nehmen, berichtet das Manager-Magazin.

Demzufolge verzichten wohl sowohl RWE als auch Shell auf den Ausgleich ihrer Verluste durch die Gasumlage. Dahinter steckt weniger ein humanistischer Ansatz, sondern vielmehr jene Milliardengewinne, die der britische Energiekonzern Shell dank der hohen Gas- und Ölpreise im vergangenen Quartal bereits eingefahren hat.

*In einer früheren Version fehlte der Hinweis auf die Neukunden, auf die sich der angegebene Preis pro kWh bezieht. Schließlich sind Tarife für Neukunden in der Regel deutlich teurer als jene von Bestandskunden.

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