Energie-Krise erreicht Landwirtschaft: Erträge könnten „um 30 bis 40 Prozent einbrechen“
In Folge der Energie-Krise steigt der Preis für Dünger drastisch an. Der Deutsche Bauernverband stellt Forderungen an die Politik.
Kassel – Die Energie-Krise trifft immer mehr Branchen. Viele Zweige arbeiten mit Produkten, bei deren Herstellung sehr viel Gas benötigt wird. So warnte bereits Mitte September die Getränkeindustrie davor, dass Teile der Branche die Krise nicht überstehen könnten. Dabei ging es auch um Kohlensäure, die den Betrieben momentan fehlt.
Ähnliches ließ die Logistikbranche verlauten. Hier wurde vor einem akuten Mangel des Harnstoffes Adblue gewarnt. Dabei ist Adblue lediglich ein Nebenprodukt bei der Düngemittelgewinnung und wird deshalb knapp, weil diese aufgrund der Gas-Preise gedrosselt wurde. Jetzt schlägt deshalb auch der Bauernverband Alarm, wie die Rheinischen Post schreibt.
Landwirtschaft in Deutschland: Ohne Dünger könnte die Ernte einbrechen
Wenn der Stickstoffdünger zur Neige geht „würden die Erträge sofort um 30 bis 40 Prozent einbrechen“, veranschaulicht Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied die Situation gegenüber der Rheinischen Post. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bauernverband die Politik aufgefordert, eine Düngemittelreserve einzurichten. Die Regierung müsse laute dem Verband erkennen, „dass auch Düngemittel systemrelevant sind“, so Rukwied.
Bereits Anfang September forderte der Bauernverband eine Aussetzung der Zölle auf Düngemittel. Damit lehnt der Verband an einen Vorschlag der EU-Kommission an, welcher eine Aussetzung der Zölle für Harnstoff und Ammoniak vorsah, wie es in der Mitteilung des Deutschen Bauernverbandes heißt.
Energie-Krise: Landwirtschaft wird auf Importe zurückgreifen müssen
„Im kommenden Jahr wird die hiesige Landwirtschaft deutlich stärker auf Importe an Stickstoffdünger zurückgreifen müssen“, warnt der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Detlef Kurreck. Bei der Herstellung der meisten Düngemittel wird Gas sowohl als Energielieferant als auch als Rohstoff genutzt, wie die Deutsche Presse-Agentur schreibt. Die Veränderung des Düngemittelabsatzes auf einen Blick:
- Entwicklungen des Inlandsabsatzes bei Dünger (Import und Inlandsherstellung)
- Phosphat-Dünger: Hier halbierte sich der Absatz in Jahr auf rund 14.000 Tonnen.
- Kali-Dünger: Ein Minus von 52,3 Prozent sorgte hier dafür, dass sich der Absatz nur noch auf 55.900 Kaliumoxid verringerte.
- Stickstoff-Dünger: Lediglich um 18,5 Prozent brach die Menge bei Stickstoff-Dünger ein. Hier waren es zuletzt 238.000 Tonnen.
- Kalk-Dünger: Bei diesem Produkt blieb der Absatz nahezu unverändert.
- Import: 2,1 Millionen Tonnen Dünger auf Phosphat-, Stickstoff- oder Kaliumbasis wurden im ersten Halbjahr 2022 nach Deutschland importiert. Das ist ein Einbruch um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
- Export: Die Ausfuhr von Dünger hat sich ebenfalls verringert. Insgesamt wurden 4,6 Millionen Tonnen exportiert, das stellt eine Abnahme von 3,9 Prozent dar.
- Quelle: Statistisches Bundesamt
In Folge der hohen Gas-Preise werden viele Düngemittelproduktionen zurückgefahren, was die Preise für Dünger nach oben treibt. Verglichen mit dem Vorjahr sind die Erzeugerpreise für Düngemittel und Stickstoffverbindungen im August um 108,8 Prozent angestiegen, wie die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Bereits im ersten Monat nachdem russischen Einmarsch in die Ukraine, lag der Preis für Dünger 87,2 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Gas- und Energiekrise: Diese Erzeuger trifft die Energie-Krise besonders hart
Mehrere Unterorganisationen der Deutschen Bauernverbandes haben sich außerdem in einem gemeinsamen Schreiben an den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) gewandt. Darin fordern sie schnelle finanzielle Hilfen für die Obst-, Gemüse-, Kartoffel- und Gartenbauwirtschaft, wie der Deutsche Bauernverband mitteilt.
„Ein Zusammenbruch der Produktion ist nicht auszuschließen“, heißt es in der Mitteilung. Unternehmen, die Obst, Gemüse und Kartoffeln erzeugen, werden aufgrund der energieintensiven Arbeitsschritte besonders hart von der Energie-Krise getroffen, stellt der Deutsche Bauernverband klar. Ob die Politik die Hilferufe, nach Düngereserve und finanzieller Hilfe wahrnimmt und welche Konsequenzen daraus folgen, bleibt abzuwarten. (Lucas Maier)