Geht das 9-Euro-Ticket in die Verlängerung? SPD Berlin prescht vor
Die Verkehrsministerkonferenz fordert nach einer digitalen Sondersitzung vom Bund die vollständige Finanzierung einer Nachfolgeregelung des 9-Euro-Tickets.
Berlin – Das 9-Euro-Ticket ist eine der Entlastungsmaßnahmen für die Bevölkerung, die der Bund wegen der hohen Energiepreise ins Leben gerufen hatte. Es ermöglicht für monatlich neun Euro bundesweit Fahrten im Nah- und Regionalverkehr, wenn auch mit einigen Einschränkungen. Die Regelung gilt derzeit bis Ende August – also noch fünf Tage. Die Verkehrsministerien der Länder fordern den Bund daher auf, „zeitnah“ einen tragfähigen und nachhaltigen Vorschlag für ein Folgeangebot des 9-Euro-Tickets vorzulegen.
„Hier ist der Bund in der Verantwortung“, so die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), am Freitag (26. August) nach einer digitalen Sondersitzung der Verkehrsministerkonferenz. „Die hohe Nachfrage nach dem 9-Euro-Ticket hat deutlich gezeigt, dass der Öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) genutzt wird, aber auch die Qualität noch deutlich ausgebaut werden muss.“
9-Euro-Ticket: Berliner Modell ist Scholz zu teuer
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekannte sich am Donnerstag (25. August) bei einem Bürgerdialog in Magdeburg grundsätzlich zu einer Nachfolgeregelung. Der Preis von neun Euro sei jedoch so niedrig, „dass jeder ahnt, dass wir das nicht auf Dauer durchhalten können“, sagte er dort. Über mögliche Nachfolgelösungen wird kontrovers diskutiert, Bund und Länder sind sich über die Finanzierungsverantwortung bislang uneins.
Das gilt für das 9-Euro-Ticket | |
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Ab wann und wie lange gilt das Ticket? | Planmäßig verfügbar ab dem 1. Juni für drei Monate |
Wo gilt das Ticket? | Bundesweite Gültigkeit, keine regionale Einschränkung |
Für wen gilt das Ticket? | Keine Beschränkung auf Personengruppen, Abo-Inhaber erhalten eine Erstattung |
Was kostet das Ticket? | 9 Euro pro Monat |
Die Länder forderten, dass der Bund insgesamt deutlich mehr Geld für den ÖPNV zur Verfügung stellt. Zusätzlich zu der bislang schon geforderten Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr fordern die Ministerien wegen der hohen Energiepreise für die Jahre 2022 und 2023 jeweils weitere 1,65 Milliarden Euro.
„Allein in Brandenburg rechnen wir mit Mehrkosten (…) von fast 20 Prozent. Das können wir mit den derzeit zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmitteln nicht auffangen“, sagte Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU). „Die Länder brauchen zusätzliche Mittel vom Bund – sonst drohen Investitions-Stopps, Ausdünnungen und im schlimmsten Fall Abbestellungen“.

In Berlin könnte das 9-Euro-Ticket bis Ende des Jahres gelten
Während die Finanzierung einer bundesweiten Folgeregelung noch diskutiert wird, prescht die Berliner SPD derweil in Eigenregie voran: Hier könnte das 9-Euro-Ticket auch über den August hinaus für den ÖPNV erhältlich sein. Die SPD von Regierungschefin Franziska Giffey schlägt vor, eine solche Regelung zunächst bis Ende des Jahres einzuführen. Ähnliche Überlegungen gibt es auch bereits in Hessen und anderen Bundesländern.
Sowohl Giffey als auch Berlins Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatten sich schon zuvor für eine unkomplizierte und preiswerte Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket starkgemacht. Aus ihrer Sicht sei dies nicht nur eine konkrete Entlastung in Zeiten hoher Preise, sondern auch ein Beitrag zur Verkehrswende weg vom Auto.
9-Euro-Ticket in Berlin: Keine Lösung für Brandenburger Pendler?
Mit dem Ticket könnten Besitzer und Besitzerinnen allerdings nur innerhalb des Tarifgebietes Berlin, nicht nach und in Brandenburg, fahren – und eben auch nicht bundesweit. Entsprechende Medienberichte wurden der Deutschen Presse-Agentur aus Parteikreisen bestätigt. Den zahlreichen Pendlern aus und nach Brandenburg würde ein auf Berlin begrenztes 9-Euro-Ticket also nicht helfen. Für eine länderübergreifende Regelung müsste auch das Land Brandenburg sich an Planung und Finanzierung beteiligen.
Nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) wäre ein 9-Euro-Ticket nur für Berlin weder sozial noch ökologisch. „Die Pendler aus dem Tarifbereich C auszuklammern, ist absurd“, meinte die DGB-Vorsitzende für Berlin und Brandenburg, Katja Karger. Viele der in Berlin arbeitenden Menschen kämen aus dem Umland. „Berlin und Brandenburg müssen jetzt eine gemeinsame Mobilitätsoffensive starten“, so Karger.
Berlin: Hoffnung auf 29-Euro-Ticket nach Entlastungspaket?
Berlins Grüne und Jarasch hatten sich zuletzt einem Vorschlag der Bundespartei angeschlossen, das ein lokales Ticket für 29 Euro im Monat und ein bundesweit gültiges Ticket für 49 Euro im Monat ins Auge fasst. Der Bund müsse sich dabei allerdings wesentlich an der Finanzierung beteiligen. Der Vorschlag eines 9-Euro-Tickets bis Jahresende geht nun einen großen Schritt weiter. Hinter der Überlegung der Konferenz steht die Hoffnung, dass bis dahin eine bundesweite Regelung für den ÖPNV gefunden ist.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Carina Konrad, hat sich derweil dagegen ausgesprochen, dass der Bund ein Nachfolge-Angebot für das 9-Euro-Ticket finanziert. Im ARD-Mittagsmagazin sagte sie am Freitag: „Den Bund dafür in die Pflicht zu nehmen, das wird keine dauerhafte Lösung sein – angesichts der Herausforderungen, die vor uns liegen.“
Berliner 9-Euro-Ticket bundesweit: FDP wartet auf Klärung „struktureller Fragen“
Ihr Parteikollege, Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will trotz der heftigen Diskussionen über eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket bei seinem „Fahrplan“ bleiben. Er habe im Frühjahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die solle zunächst „strukturelle Fragen“ klären und die Ergebnisse vorlegen, so Wissing am Freitag in Berlin.
Er wolle erst über Inhalte reden, dann über Geld. Wissing nannte das Ergebnis der Sondersitzung der Verkehrsministerien „enttäuschend“: Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten, dass Lösungen präsentiert würden und nicht, dass die Verantwortung verschoben werde. (na/dpa/afp)