„Riesiger kleiner Mann“

NORTHEIM/LÜBECK (wat) – „Man hat nicht oft die Chance, einen der größten Literaten unserer Zeit persönlich zu treffen, ich war schon ziemlich nervös.“ Der Northeimer Student Henrik Watermann war einer von zehn Germanistikstudenten, die Günter Grass kürzlich persönlich in sein Atelier nach Lübeck eingeladen hatte.
Ermöglicht wurde das Treffen dank Professor Dr. Heinrich Detering, Dozent für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Göttingen, der mit dem Literaturnobelpreisträger seit vielen Jahren eng verbunden ist. Die Teilnehmer seines Seminars „Koeppen und Grass“ reisten mit ihm für zwei Tage nach Lübeck, wo Grass sein Atelier hat. „Wir haben natürlich auch die Ausstellung über sein Schaffen und seinen literarischen Werdegang besucht“, erzählt der 28-jährige Northeimer, „alleine die zahlreichen Zeichnungen und Skulpturen waren schon sehr beeindruckend.“ Schneller schlug das Herz dann aber, als Grass die Studenten empfangen hat, gesteht Watermann. „Alleine schon mit ihm an einem Tisch zu sitzen war unglaublich“, schwärmt er.
Rund zwei Stunden hat sich der Schriftsteller, der inzwischen 86 Jahre alt ist, für die Studenten Zeit genommen, dabei alle Fragen beantwortet. Grass sei sehr freundlich und natürlich gewesen, erinnert sich der Northeimer. „Trotzdem blieb die Nervosität, schließlich wusste man, dass ein Literaturnobelpreisträger vor einem sitzt, da ist man als kleiner Student dann doch ziemlich ehrfürchtig“, gesteht der Deutsch- und Philosophiestudent. Von seinen Besuchern hatte sich Grass im Vorfeld gewünscht, dass sie seine Novelle „Im Krebsgang“ für das Gespräch vorbereiten. Thematisiert wurde das Werk dann zwar nicht, „aber wenn ein Günter Grass sich das von einem wünscht, macht man das natürlich und ist nicht böse, wenn die Sprache dann doch nicht darauf kommt“, schmunzelt der 28-Jährige.
Besonders aufgefallen ist dem Northeimer, wie Grass mit seinen zahlreichen Preisen umgeht. „Die lagen da einfach so zerstreut herum, den Hans-Christian-Andersen-Preis, mit die höchste Auszeichnung im Literaturbereich, beispielsweise hat er als Buchstütze benutzt.“ Den Literaturnobelpreis hätte Grass dann aber nicht „einfach irgendwo rumliegen“. Auch wie der Literat von seinen Romanfiguren spricht, beeindruckte Watermann sehr. Auf die Frage, was Grass rückwirkend an seinen Werken ändern würde, antwortete er, dass er Oskar Matzerath aus dem Roman „Die Blechtrommel“ eigentlich eine Schwester schenken wollte. „Wörtlich sagte Grass dann ,Aber das hat er mir verboten’“, berichtet Watermann, dem das Treffen mit dem „riesigen kleinen Mann“ lange im Gedächtnis bleiben wird.