Gedenken, Gebete und Gesang für Hoffnung und Frieden

Northeim - Gedenken an die Opfer, Gebete für den Frieden. Trauer und Trost, Trotz und Hoffnung vereinten Redner und Teilnehmende – Vertriebene aus vielen Städten der Ukraine sowie Northeimer und Northeimerinnen - während der Gedenkveranstaltung vor der Alten Wache.

Auf Einladung des Ökumenischen Arbeitskreises der Kirchengemeinden sowie der Stadt Northeim hatten sich trotz widrigen Wetters rund 300 Besucher und Besucherinnen versammelt, um gemeinsam zum Jahrestag des Krieges der Opfer – teils ihrer eigenen Angehörigen - zu gedenken, Trost zu spenden, Trost zu finden und ihre ungebrochene Solidarität mit dem ukrainischen Volk zu bekunden.

„Wir können nicht viel tun – aber wir können hier zusammenstehen, Ukrainerinnen und Ukrainer, die bei uns Zuflucht gesucht haben. Und wir können zum Frieden mahnen – und uns erinnern“, begrüßten Superintendent Jan von Lingen und Albrecht Gralle die Teilnehmenden und ließen die tragischen Ereignisse der vergangenen zwölf Monate einmal Revue passieren. Zwischen 200.000 und 300.000 Menschen seien schon Opfer dieses Krieges geworden, der zudem ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung zur Flucht gezwungen und die drittgrößte Fluchtbewegung aller Zeiten in Europa ausgelöst habe, so Jan von Lingen und Albrecht Gralle.
Hinter Fakten stehen immer Menschen, und das Schicksal der Betroffenen fand Ausdruck in einem von Andrea Harer und Julia Divivi gemeinsam auf Deutsch und Ukrainisch vorgetragenen Klagegebet.
„Wir sind voller Wut und Trauer über das schlimme Leid, die Toten, die Verwundeten, die Kinder, die in Krieg und Unsicherheit aufwachsen müssen“, brachte Bürgermeister Simon Hartmann das Gefühl vieler Northeimer und Northeimerinnen zum Ausdruck und machte zugleich deutlich: „Wir stehen zusammen, und wir lassen uns von einem machtbesessenen Präsidenten im Kreml nicht einschüchtern!“ Bei Worten belässt Simon Hartmann es nicht: Deshalb initiiert die Stadt Northeim eine weitere Spendenaktion für das zentrale Krankenhaus, das Kinderkrankenhaus sowie das Waisenhaus in Nadwirna (nähere Informationen auf der Homepage northeim.de unter „Northeim hilft“). Erstmalig kündigte der Bürgermeister auch die Gründung eines ukrainisch-deutschen Vereins und die Einrichtung eines „Ukrainischen Hauses“ in Northeim an.
Auch Zuversicht und große Dankbarkeit wurden an diesem Abend spürbar: In einem emotionalen Brief bedankten sich die zurzeit in Northeim lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer („Ihre neuen Mitbürger“, wie sie selbst ihren Brief unterzeichneten) für die hier erfahrene Fürsorge. „In einer Zeit, in der das Leben eines jeden Ukrainers ungerecht und grausam verändert wurde, haben Sie uns die Hoffnung und den Glauben an das Gute und die Menschlichkeit gegeben“, heißt es in ihrem Dankesbrief. „Mit Ihrer Hilfe sind wir sicher, dass das Gute siegen wird!“
Zum Abschluss verlas Mitorganisator Hans Harer einen „Zuspruch und Segen“, und alle gemeinsam stimmten das alte ukrainische Volkslied - seit Kriegsbeginn auch Protestsong - „Kalina“ an: jener Pflanze und Nationalsymbol der Ukraine mit ihren roten Beeren, die jetzt zwar gebeugt ist, aber einst wieder, wie die Ukraine, auferstehen und erblühen wird. Kleine menschliche Randnotiz: Als der Hillerser Hobbygitarrist und -Komponist Marc Elges von der Veranstaltung erfuhr, komponierte er spontan seinen Song „Es ist Krieg“ – und berührte die Herzen aller.
Als Dank verteilten die ukrainischen Gäste und „Mitbürger“ kleine Präsente an die Organisatoren und Northeimer und Northeimerinnen und entzündeten Kerzen. Viele blieben noch länger zum gemeinsamen Singen, Sprechen oder einfach nur Schweigen. - ma