Zuwachs für AfD und Grüne, FDP raus

Region – Niedersachsen hat gewählt und ein klares Votum abgegeben: Die SPD wird stärkste Kraft, Landesvater Stephan Weil tritt seine dritte Amtszeit als Ministerpräsident an. Und auch in den Wahlkreisen 17 (Northeim) und 18 (Einbeck) haben die beiden neuen Gesichter bei der SPD-Landtagskandidatur im Landkreis Northeim - Sebastian Penno aus Northeim mit 39,21 Prozent und René Kopka aus Einbeck mit 38,28 Prozent - ihre Wahlkreise direkt geholt.

Dabei waren die Karten vollkommen neu gemischt worden, nachdem ihre Gillersheimer Genossin Frauke Heiligenstadt in den Bundestag gewählt worden und der 65-jährige SPD-Mann Uwe Schwarz aus Bad Gandersheim als inzwischen dienstältester Landtagsabgeordneter nach 36 Jahren nicht mehr angetreten war.

Ihr Ziel, stärkste Kraft im Land zu werden, eindeutig nicht erreicht hat die CDU, deren Spitzenkandidat und bisheriger Wirtschaftsminister in der Großen Koalition von SPD und CDU, Bernd Althusmann, MP Weil zum zweiten Mal herausgefordert hatte. Im Wahlkreis 17 kam CDU-Kandidat Tristan Marienhagen aus Northeim auf 27,22 Prozent, der Einbecker Dr. Andreas Kroll holte 27,74 Prozent.

Northeimerin Konnie Ilsemann holte für die Liberalen 4,68 Prozent der Stimmen. Deutlich besser schnitten im Wahlkreis Northeim erwartungsgemäß die AfD (Kathrin Weber: 11,67 Prozent) und die Grünen (Joel Birmann: 11,93 Prozent) ab. Kurt Schumacher vereinte für die Linke 3,15 Prozent der Stimmen auf seine Person, dieBasis mit Matthias Haufa-Hase 2,14 Prozent. Wahlberechtigt waren im Wahlkreis Northeim 56.915 Personen, 33.808 Menschen gingen zur Wahl. Damit lag die Wahlbeteiligung hier bei 59,4 Prozent.
Wahlkreis Einbeck: 12,05 Prozent der Wahlberechtigten wählten Andreas Jakob von der AfD, der Grüne Urs Liebau kam auf 9,68 Prozent der Stimmen, der liberale Abgeordnete Christian Grascha holte 8,01 Prozent. Für DIE LINKE vereinte Michaela Nennmann 2,61 Prozent der Stimmen auf ihre Person, dieBasis mit Michael Czygan kam auf 1,62 Prozent.
Im Wahlkreis Einbeck waren 68.299 Menschen wahlberechtigt, davon Gebrauch machten 40.428 Wählerinnen und Wähler. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,16 Prozent.
Für die FDP hatte nach der Schließung der Wahllokale eine Zitterpartie begonnen: Sie musste damit rechnen, nicht im Landtag vertreten zu sein. Ihre Befürchtung verstetigte sich im Lauf des Abends. Mit 4,7 Prozent überwand sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht.

Erste Reaktionen nach der Wahl

„Überaus zufrieden, begeistert, dankbar“
AfD-Mann Andreas Jakob aus Einbeck stand nach dem Eingang der letzten Ergebnisse unter dem Eindruck des Zuwachses, den die Alternative verzeichnet hat: „Ich bin mit diesem Wahlergebnis überaus zufrieden, begeistert, dankbar“, betonte Jakob. Er wolle sich jetzt erst einmal bei allen Wählern und Wählerinnen bedanken.
„Unsere Türen stehen für fast alle offen“
Sein Kreisverbandsvorsitzender Maik Schmitz gratulierte der SPD von der Ostsee, sieht jedoch als eigentliche Wahlsiegerin die AfD: 11,6 Prozent seien ein „fantastisches Ergebnis“. Das gute Abschneiden sei Andreas Jakob und Kathrin Weber nicht zugetraut worden. Gleichzeitig sah er die FDP zu recht für ihre Ampel-Politik im Bund abgestraft. Die CDU müsse nun beginnen, mit der AfD zu sprechen: „Unsere Türen stehen für fast alle offen.“ Die geringe Wahlbeteiligung bedauerte Schmitz. Gleichwohl sah er dort „noch viel Potenzial“ für seine Partei.
„Bestes Ergebnis für die Grünen bei einer Landtagswahl in Niedersachsen“
Urs Liebau (Grüne) sieht im Wählervotum den Auftrag zur Regierungsarbeit: „Wir freuen uns als Partei über das beste Ergebnis für die Grünen bei einer Landtagswahl in Niedersachsen.“ Damit bestehe nun die Möglichkeit, in eine „progressive Koalition einzusteigen“. „Mir persönlich sind besonders die Gespräche mit Jugendlichen der BBS Einbeck oder bei ‚Einwahl‘ im Gedächtnis geblieben. Dort habe ich das Feedback bekommen, wie wichtig es ist, zu zeigen, dass sich junge Menschen für politische Ämter bewerben. Diese Momente stärken die Demokratie und machen damit diesen Wahlkampf zum Erfolg.“
„Man muss sich wundern“

Joel Birmann (Grüne): „Wenn jemand wie Sebastian Penno, welcher während seiner Zeit als Lehrer an der KGS Moringen sagte: ‚Wenn ihr einen Job sucht, bei dem Ihr wenig arbeiten müsst und viel Geld verdient, dann müsst ihr für den Landtag kandidieren‘ in den Landtag gewählt wird, die CDU einen Kandidaten ins Rennen schickt, der vom Studium in die Regierung möchte, befähigt durch das Abitur, und die AfD mit 11 Prozent in den Landtag einzieht, nachdem sie nach ihrer Fraktionskrise die letzten zwei Jahre im niedersächsischen Landtag nicht gearbeitet hat, dann muss man sich fragen, wie differenziert und aufgeklärt die Leute in diesem Land wählen. Ich bin froh, für die Grünen als Direktkandidat ins Rennen gegangen zu sein und werde auch weiterhin mein Bestes geben, mich für meine Kommune und die Menschen hier einzusetzen. Die Wahl selber habe ich kaum verfolgt, ich kümmerte mich um den Hof meiner Eltern, weil diese über das Wochenende arbeiten waren.“

Dank für fairen Wahlkampf
Die CDU-Verbände aus Seesen, Bad Gandersheim, Dassel und Einbeck dankten Dr. Andreas Kroll für den „guten Wahlkampf“. Ungeachtet der beruflichen Tätigkeit als Arzt und seiner Familie habe sich der Mediziner flächendeckend eingebracht. Insbesondere an den Infoständen, aber auch bei vielen Unternehmensbesuchen und Gesprächen sei der CDU-Kandidat präsent gewesen.
„Leider bleibt festzustellen, dass bei den Wahlen die Kandidaten und deren Hintergrund bei der Erststimme immer unbedeutender werden. Es wird eher nach Partei gewählt. Viele haben die AfD aus Frust gewählt“., betonte Helmar Breuker für die CDU im Wahlkreis 18. Die AfD sei im Windschatten der CDU auf neuen Höhen gewachsen. Das müsse sich ändern. „Und die CDU hat es auf Landesebene nicht geschafft, die Themen Energie, Wirtschaft und die soziale Frage so zu platzieren. Der SPD ist zu gratulieren für einen fairen Wahlkampf, und der CDU bleibt die Rolle der Opposition.“
CDU „klarer Verlierer“
Dr. Andreas Kroll (CDU): „Da ich mehr Zweit- als Erststimmen bekommen habe, kann mein Wahlkampf gar nicht so schlecht gewesen sein. Die Bürger haben eine Parteienwahl durchgeführt, bei der sich die CDU nicht durchsetzen konnte. Die Themen waren einfach zu dicht an denen der SPD, ohne klare Kante. So ist auch leider zur Kenntnis zu nehmen, dass sich viele Wähler von der CDU in rechte Lager, zu der AfD, bewegt haben. Meiner persönlichen Ansicht nach wird sich das zur nächsten Wahl wieder ändern. Bis dahin hat die CDU Zeit, sich in der Rolle als Oppositionspartei im Bund und in Niedersachsen zu profilieren. Denn auch die SPD hat 3 Prozentpunkte Federn gelassen. Aber klarer Verlierer ist und bleibt die CDU.“
Dankbar für Vertrauen
René Kopka: (SPD): „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ausgang der Landtagswahl. Besonders dankbar bin ich für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und den damit verbundenen Gewinn des Direktmandats im Wahlkreis Einbeck. Ich werde mich die nächsten fünf Jahre intensiv für unsere Region einsetzen und ansprechbar sein. Mit dem Schwung des Mandats werde ich meine Heimat gut in Hannover vertreten und eine starke Stimme im Landtag sein. Jetzt gilt es das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben. Alle Zeichen stehen auf eine rot-grüne Mehrheit im Niedersächsischen Landtag, und es gilt die Themen wie die Stärkung des ländlichen Raumes, Mobilität und Investitionen in unsere Infrastruktur anzupacken.“
„Freue mich über deutliches Ergebnis“
Sebastian Penno (SPD) : Sebastian Penno (SPD): „Ich freue mich über das deutliche Ergebnis für die SPD und Ministerpräsident Stephan Weil in Niedersachsen, aber auch über mein persönliches Ergebnis im Wahlkreis. Das Ergebnis zeigt, dass die Menschen der SPD und ihren Kandidierenden zutrauen, die nächsten 5 Jahre aktiv zu gestalten. Ich danke allen Wählerinnen und Wählern, sowie Unterstützerinnen und Unterstützern, die im Wahlkampf dazu beigetragen haben, dass wir solch ein gutes Ergebnis erzielen konnten. Meinen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern danke ich für den stets fairen Wahlkampf!“
„Generationswechsel gut gemeistert“
SPD-Unterzirks-Vorstand Northeim-Einbeck: „Wir haben unsere Wahlziele erreicht. Wir haben beide Direktmandate für den Niedersächsischen Landtag mit Sebastian Penno und René Kopka erfolgreich gewinnen können. Dass wir damit aus dem Stand den Generationswechsel gut gemeistert haben, ist für uns Grund zur Freude. Wir sind ebenfalls den Wählerinnen und Wählern dankbar dafür, dass sie uns wiederum zur stärksten Kraft im Landkreis Northeim gemacht haben. Das ist für uns Ansporn und Verpflichtung, unsere engagierte Arbeit im Kreisgebiet weiter fortzusetzen“, resümiert Vorsitzende Frauke Heiligenstadt.

Linke Regierung „fatal“
Tristan Marienhagen, CDU: „Ich möchte mich bei allen Wählern und Unterstützern bedanken, die mir und der CDU ihr Vertrauen geschenkt haben. Es ist uns leider nicht gelungen, den Trend aus der Vergangenheit zu brechen, die SPD bekommt erneut das Direktmandat. Für uns als Partei bedeutet das, dass wir uns vor Ort noch besser vernetzen und unsere Vorschläge für gute Politik noch intensiver kommunizieren müssen. Dann, denke ich, haben wir in der Zukunft die Chance, unsere Region an entscheidender Stelle mitgestalten zu können. Für besonders fatal halte ich es, dass Niedersachsen mit einer rot-grünen Koalition eine linke Regierung bekommen wird. Insbesondere in der Bildungspolitik stehen uns deswegen schwere Jahre bevor. Aus dem Landkreis Northeim gibt es ab jetzt vermutlich nur noch Abgeordnete der SPD. Das ist langfristig nicht gut, auch wenn es die Partei sicher freut. Dem Gewinner wünsche ich trotz aller Differenzen eine glückliche Hand, gute Ideen für unsere Region und eine spannende Zeit als Landtagsabgeordneter für Südniedersachsen. Der Wahlkampf wurde sehr fair geführt, das hat mich gefreut und dafür bedanke ich mich.“

„Bitterer Wahlabend“
Christian Grascha, FDP: „Der Wahlabend war für uns Freie Demokraten und auch für mich persönlich sehr bitter und traurig. Leider wird es im neuen niedersächsischen Landtag keine Fraktion mehr von uns geben. Ich gratuliere dem Wahlsieger der SPD und Stephan Weil und auch dem hiesigen Sieger des Wahlkreises René Kopka, zum Erfolg! Die FDP im Land wird nun die Arbeit außerhalb des Parlaments organisieren. Liberale Antworten sind notwendig. Wir arbeiten an unserem Comeback in fünf Jahren. Ich bin dankbar für die 14 Jahre, die ich als Abgeordneter und auch als parlamentarischer Geschäftsführer meiner Fraktion arbeiten durfte. Es war spannend und arbeitsreich. Besonders gerne habe ich mich neben meinen Themen Haushalt, Finanzen, Gründerpolitik und Glücksspiel für meinen Wahlkreis und meine Heimatstadt Einbeck eingesetzt. Die Menschen, die hier leben, liegen mir einfach am Herzen. Es war mir eine Ehre! Zum Ende der Wahlperiode am 8. November wird das Wahlkreisbüro in der Tiedexer Straße 19 in Einbeck geschlossen.“
