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Basisversorgung mit Arztpraxen und Pflege 

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Der gewinnorientierte Helios-Klinikkonzern zieht sich Ende September 2023 aus Bad Gandersheim zurück – ab Oktober soll das Krankenhaus als StatAMed-Miniklinik für Patienten mit leichteren Erkrankungen betrieben werden.
Der gewinnorientierte Helios-Klinikkonzern zieht sich Ende September 2023 aus Bad Gandersheim zurück – ab Oktober soll das Krankenhaus als StatAMed-Miniklinik für Patienten mit leichteren Erkrankungen betrieben werden. © Martin Friese

Bad Gandersheim – Ende September 2023 zieht sich der Klinikkonzern Helios GmbH aus Bad Gandersheim zurück – danach soll das Kurstadt-Krankenhaus mit dem StatAMed-Modellprojekt als Kleinklinik mit integrierter ambulanter und stationärer Versorgung über die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) weiter betrieben werden.

Der Landkreis Northeim mietet dazu das helle Haus am Hagenberghang ab Oktober 2023 von Helios an und will niedergelassene Mediziner und Gesundheitsanbieter fest einquartieren für die wohnortnahe Basisversorgung im Landkreis. Das haben Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (SPD) und UMG-Vorstand Prof. Lorenz Trümper jetzt bei einer Pressekonferenz erläutert und Eckpunkte für die Modellklinik vorgestellt. Die derzeit 70 Beschäftigten bleiben gefragte Fachkräfte.
Überlaufene Notaufnahmen, krasse Zustände mit überlangen Wartezeiten für Patienten, zu lange Rettungswege zu freien Kliniken brächten das Gesundheitswesen immer mehr an die Grenzen. Nicht nur die UMG-Notaufnahme sei ständig überlastet, auch die Notfallflure anderer Kliniken seien überfüllt und Rettungswagen deshalb zu oft zu lange blockiert. Ohne grundlegende Neuausrichtung werde das Gesundheitswesen bundesweit zusammenbrechen, befürchtet Prof. Trümper und begrüßt ausdrücklich die klare Empfehlung der Regierungskommission von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Neusortierung. Der Bund plane dazu einen Investitionsfonds von zwölf Millionen Euro. Daraus soll auch die Bad Gandersheimer Modellklinik gefördert werden.
Bei der Neuausrichtung des Gesundheitswesens habe Niedersachsen mit dem neuen Krankenhausgesetz den ersten Aufschlag gemacht. Jetzt werde dringlichst die Ausführungsverordnung darüber erwartet, welche Aufgaben welches Krankenhaus übernehmen muss und welche nicht.
Für Bad Gandersheim wird nach Trümpers Darstellung die Versorgungsstufe mit integrierter ambulanter und stationärer Grundversorgung angestrebt. Das soll in enger Verschränkung mit niedergelassenen Ärzten vor Ort im gleichen Gebäude der neuen Miniklinik für leichterkrankte Menschen erfolgen, heimatnah mit den vertrauten Hausärzten und Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ÖPNV. Dazu sollen Fachärzte aus Altersmedizin, Schmerzbehandlung, Frauenheilkunde und Kindermedizin mitmachen. Angesiedelt werden sollen außerdem Apotheke, Physiotherapie und Sozialdienste, ebenso eine Bäckerei mit Café.
Bei der Auslastung der neuen StatAMed-Miniklinik setzt Landrätin Astrid Klinkert-Kittel auf gute Vermietung an Arztpraxen, Rettungsdienste und Pflegeanbieter. Der Landkreis wolle das Gebäude voll auslasten und finanziell ohne Verluste herauskommen. Derweil appelliert Prof. Trümper an die Kreishauschefin, bei der Einliegersuche „aktiv überzeugend einzusteigen, damit die niedergelassenen Ärzte im selben Gebäude wie die StatAMed-Betten“ baldmöglichst loslegen könnten. Das mache ein Gesundheitszentrum ganz neuen Zuschnittes aus. Mit der Kassenärztlichen Vereinigung sollen jetzt dazu Verträge, Honorare und Budgets besprochen werden, damit sich niedergelassene Mediziner an dem Pilotprojekt beteiligen. „Gemeinsam sind wir zum Erfolg verdammt“, sagt Trümper und appelliert „an alle, uns bei StatAMed zu unterstützen“.
Als Beispiel für StatAMed-Belegung sieht der UMG-Vorstand eine 87-jährige Person mit Lungen- oder Atemwegserkrankung und Fieber, deren Pflegedienst den Rettungsdienst ruft. Mit Rettungswagen werde die Patientin dann zur StatAMed-Klinik gebracht. Dort wären Flüssigkeitsinfusion und eventuell die Gabe von Antibotika nötig. Nach einigen Tagen dürfte die Person wieder nach Hause und werde dann hausärztlich weiter versorgt.
In der neuen Bad Gandersheimer Kleinklinik fänden eben leichter erkrankten Menschen ein Krankenhausbett mit 24-Stunden-Versorgung durch Fachpflegekräfte und Mediziner. Die Patienten müssten gleichwohl Gewissheit haben, dass sie bei möglicher Verschlechterung ihrer Erkrankung zügig zum Maximalversorger weiter geleitet werden. Es mache aber keinen Sinn, „eine komplexe Wirbelsäulen-Operation etwa im Krankenhaus Einbeck anzubieten, obgleich es dafür eine spezialisierte Klinik gibt – während einfache Notfälle wie Lungenentzündungen oder Infekte möglicherweise keinen Platz mehr finden“.
Die UMG werde das Krankenhaus nicht übernehmen, aber der Belegschaft neue Stellen anbieten. Dazu wollen UMG und Landkreis einen Anlaufpunkt für die Beschäftigten in Bad Gandersheim einrichten. „Wir sind ein sehr guter Arbeitgeber und bezahlen nach TVL“, dem Tarifvertrag für Landesbedienstete. Klar sei allerdings, dass nicht alle 70 derzeitigen Helios-Leute in der StatAMed-Klinik tätig werden könnten.
Das Modellprojekt der Miniklinik in Bad Gandersheim sei federführend von der AOK gestaltet. Es sei lobenswert für eine gesetzliche Krankenkasse, sich so stark für die Neuausrichtung des Gesundheitswesens zu engagieren, so Prof. Trümper. „Das Modellprojekt ist echte Zukunftssicherung“, sagt SPD-Politiker Uwe Schwarz für die Sozialdemokraten im Kreistag. Mit breiter Mehrheit habe sich der Kreistag hinter das StatAMed-Projekt gestellt, so Heiner Hegeler für die CDU im Kreisparlament. - cmf 

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