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Rat sollte selbst entscheiden, „was wichtig ist und was nicht“

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Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki (l.) und sein Stellvertreter Marcus Seidel: Die SPD favorisiert angesichts des konsolidierten Haushalts den Ausstieg aus dem Zukunftsvertrag, damit sich die Stadt endlich aus seinen Klammern befreien kann. © Foto: Sürie

EINBECK Streit ums Geld kommt in den besten Familien vor, und in der Politik sind Haushaltsdebatten meist überraschungsarm. Im Finanzausschuss der Stadt Einbeck sorgte dieser Tage die Anfrage einer Sozialdemokratin nur für Drucksen seitens der Verwaltung, für eine überraschende Vertagung und die kurzfristige Ansetzung einer Sondersitzung für Mittwoch. Denn was da gerade für den Rat empfohlen werden sollte, wäre kurze Zeit später ohnehin Makulatur gewesen.

Hintergrund ist der Neubau des Kindergartens Vogelbeck, der nun plötzlich notwendig wird und mit 1,2 Millionen Euro mitten ins Kontor fällt.

Eine dringend notwendige Investition könne immer kurzfristig passieren, nicht aber, dass die Fraktionen über ein solches „Haushaltsrisiko“ nicht zuvor informiert würden, kritisieren SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki und sein Stellvertreter, Marcus Seidel: Da wissentlich 24 Stunden zuvor noch einen Haushaltsentwurf zu verabschieden und später die empfohlenen Maßnahmen wieder zu streichen, erzeuge Politikverdrossenheit: „Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.“

Dieser Fall zeige ohnehin, „wie die Verwaltungsspitze mit dem Rat und der Öffentlichkeit umgeht“. Auch schon andere Themen seien im hinter verschlossenen Türen tagenden Verwaltungsausschuss gelandet, obwohl sie ganz klar in den Finanzausschuss gehört hätten. So seien auch Maßnahmen – wie die energetische Sanierung der Grundschulen– trotz Ratsbeschlusses nicht umgesetzt worden. Darüber informiert worden sei der Rat jedoch nicht.

Mit Blick auf den Kindergarten Vogelbeck steht die SPD aber grundsätzlich an der Seite der Verwaltung, die für den Neubau derzeit einen Nachtragshaushalt für 2017 favorisiert: Das sei immerhin ein Instrument, das Rat und Verwaltung zur Verfügung stehe, „um Haushaltsprobleme zu lösen, wenn sie anfallen“.

Dass die Sozialdemokraten mit ihrem Vorhaben nicht durchkamen, jetzt schon aus dem Zukunftsvertrag auszusteigen, begeistert sie nicht. Aus ihrer Sicht könnte die Stadt angesichts eines konsolidierten Haushalts und zu erwartenden Steuermehreinnahmen endlich wieder das Heft des Handelns in die Hand nehmen und Ziele vorgeben, ohne sich von den Klammern des Zukunftsvertrages in ihrer Entwicklung weiter behindern zu lassen. „Wir wollen nicht mehr Geld ausgeben, wohl aber darüber selbst entscheiden, was wichtig ist und was nicht."

Eine weitere Neuverschuldung in der Hoffnung, der Finanzhaushalt lasse sich in den Folgejahren schon wieder irgendwie ausgleichen, lehnen sie ab. „Wenn wir schon eine Neuverschuldung am Anfang haben, besteht die Gefahr, dass die Schuldentilgung auf kommende Räte vertragt wird. So etwas wie Vogelbeck kann uns jederzeit wieder vor die Füße fallen.“

Am Zukunftsvertrag festzuhalten und seine Vorgaben nur da zu erfüllen, wo es der Verwaltung passt, sei geradezu „unverantwortlich“. Die Freiwilligen Leistungen etwa sänken von Jahr zu Jahr weiter ab, schon jetzt fehle es an jedem Euro. „Wir müssen doch wenigstens in der Lage sein, Kleinigkeiten in den Lebensverhältnissen zu gestalten. Aber das wird von der Verwaltung abgeblockt.“ Das sei angesichts eines 50-Millionen-EuroHaushaltes für Bürger kaum nachzuvollziehen.

Von weiterem Personalabbau halten die Sozialdemokraten nichts:  Der Rat habe Wünsche an die Verwaltung, die abgearbeitet werden müssten. Damit Dritte zu beauftragen und Personalkosten durch höhere Sachkosten zu ersetzen, „wäre der falsche Weg“. Und aus ihrer Sicht auch ein „falsches Signal“ an die Mitarbeiter: Die Verwaltung verfüge über sehr gute Leute – die Personaldecke sei aber schon jetzt so dünn, dass die „am Limit“ arbeiteten. con

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